Und alles macht das FIV

Wie schwer die Vorurteile zu bekämpfen sind.

Immer wieder werde ich von verzweifelten Haltern gefragt, was sie tun sollen. Bei ihrem Tier sei gerade FIV festgestellt worden. Die Katze oder der Kater hätte laut Aussage des Tierarztes nicht mehr lange zu leben.

FIV ist in den meisten Fällen ein Zufallsbefund. Das Tier ist gesundheitlich auffällig, die Halter bringen es zum Tierarzt, der veranlasst eine Blutuntersuchung im Labor.

Meine erste Frage ist im Gespräch, was das Tier denn eigentlich habe. Aus welchem Grund wurde es zum Tierarzt gebracht? Die Antworten sind so vielfältig, wie es Krankheiten gibt. Vom einfachen Schnupfen über Zahnfleischentzündungen bis hin zur Kotzerei aufgrund eines üblen Magen-Darm-Keimes, der die Runde macht. Oder das Tier mag nicht fressen oder hat außerdem schlechte Nierenwerte.

Was die Halter sich merken: Das Tier hat FIV, „Katzen-AIDS“ heißt es umgangssprachlich. Die böse Krankheit, durch die alle Katzen sofort tot umfallen, mit der die Tiere zumindest ständig krank sind, wenn man manchen Tierärzten glaubt.

FIV ist der große dunkle Nebel, das Gespenst, vor dem alle Angst haben. Die eigentliche akute Erkrankung, wegen der man zum Doc gegangen ist, gerät völlig in den Hintergrund. Tierärzte dichten dem FIV oft alle möglichen Symptome an. Von Durchfall über einen Megaösophagus bis hin zu einem einfachen Schnupfen. Beim Halter wiederum brennt sich nur das böse Wort „AIDS“ in den Hinterkopf, der Rest wird zunächst ausgeblendet.

Ja, der positive Test ist ein Schock, und FIV ist eine ernst zu nehmende Infektion, da sie das Immunsystem schwächen kann. Aber es ist kein Grund, schon im Garten ein Loch zu buddeln. Nachdem man den ersten Schock überwunden hat, sollte man schauen und mit dem Tierarzt besprechen, was dem Tierchen akut fehlt. Denn FIV-Katzen lassen sich ganz normal behandeln wie andere Katzen auch. Lediglich einige Medikamente wie z.B. Cortison sollte man bei ihnen nicht anwenden. FIVerlinge können genauso wie andere Katzen einen Schnupfen bekommen und ihn auskurieren, sie sterben nicht automatisch daran. Vorausgesetzt man hat einen guten Tierarzt, der die Tiere unvoreingenommen behandelt. Und die gibt es zum Glück auch.

Vor einem Doc, der bei jedem Niesen oder einer Erkrankung, die er nicht sofort diagnostizieren kann, sagt, das Tier habe AIDS, sollte man ganz schnell weglaufen.

Und wenn man zu Hause ein funktionierendes, kastriertes Rudel hat, muss man seine Katzen auch nicht abgeben oder trennen. Friedliche Katzen stecken sich nicht an. Sie müssten sich übel bis in die Blutbahn beißen, um das Virus zu übertragen.

Ein positiver FIV-Test sollte außerdem immer im Labor nachgeprüft werden Besonders die Schnelltests, die oft mit Vollblut durchgeführt werden, haben eine falsch-positive Quote von bis zu 10 %. Als besonders zuverlässig gilt der sog. Western Blot-Test, den man im Labor beauftragen kann.

Ich nehme seit vielen Jahren immer wieder FIVerlinge auf. Und nachdem die Verträglichkeit abgeklopft ist, dürfen sie auch in mein Rudel, denn bei friedlichen und kastrierten Katzen ist die Ansteckung gleich Null. Das gemeinsame Benutzen der Näpfe ist nicht ansteckend. Manchmal bekomme ich sie vermittelt, manchmal bleiben sie hängen.

Sie sterben an ganz normalen Katzenkrankheiten wie Altersschwäche, Nierenversagen oder Herzversagen. Manche haben super gute Zähne und Zahnfleischränder, manche haben durch ein zusätzliches Calici-Virus schlechte Kauleisten. Genauso wie negative Tiere auch. Wenn sie krank sind, werden sie behandelt, genau wie negative Tiere auch.

Ich achte auf hochwertiges Futter und reagiere bei den FIVerlingen ein klein wenig schneller, wo ich bei einer negativen Katze vielleicht noch einen Tag beobachten würde, wenn sie z.B. mal niest.

Ein positiver FIV-Test ist keine Rechtfertigung, eine Katze zu töten. Sie kann damit steinalt werden. Ein positiver Test sollte nie über den sprichwörtlichen „Daumen hoch“ oder „Daumen runter“ entscheiden.

FIVerlinge können gut und lange leben – wenn man sie lässt (Zitat GaK)

Die weißen Kater Aladin und Lancelot sind auf dem Titelbild von "FIVerling" verewigt.

Die weißen Kater Aladin und Lancelot sind auf dem Titelbild von „FIVerling“ verewigt.

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7 Antworten zu Und alles macht das FIV

  1. Nicole schreibt:

    Ein wunderbarer Bericht voller Wahrheit und Verständnis. Eine Katze, die sich nicht mit anderen beißt, stellt keinerlei Gefahr dar für die anderen. Nicht umsonst sind meist unkastrierte Freigänger-Kater betroffen. Und eine FIV-Katze kann, bei entsprechender Aufmerksamkeit der Besitzer, das gleiche Alter erreichen wie eine negative Katze. Dieser Bericht zeigt ohne jegliche Sentimentalitäten auf, dass eine FIV-Katze ganz normal zu halten ist und dass FIV weder ein Todesurteil noch ein Grund für Einzelhaft sein muss. Vielen Dank !!!

  2. Daggi FN schreibt:

    Dann wäre ja mein Kater Peterle umsonst gestorben. Er hatte FIV und Gelbsucht. Vielleicht hätte man noch viel für ihn tun können und er könnte vielleicht noch leben, wenn der TA besser reagiert hätte, statt ihn einzuschläfern.

  3. Birgitt Tombrink schreibt:

    Ich finde den Bericht sehr gut, hilfreich und sehr informativ. Mir selbst lief vor 2 Jahren ein unkastrierter Kater zu, der sich als FIV-positiv heraus stellte. Nachdem er sich meinen anderen Katzen gegenüber als total aufgeschlossen und richtig liebevoll und äußerst sozial zeigte, sah ich keine Veranlassung, für ihn ein anderes Zuhause zu suchen. Er wurde natürlich unverzüglich kastriert und gekennzeichnet, und lebt seitdem als heiß geliebter FIVerling mit meinen 5 nicht infizierten Katzen in völliger Harmonie zusammen, fühlt sich sauwohl und weicht mir nicht von der Seite. Es ist so traurig, dass viele Leute aufgrund falscher oder gar keiner Info über dieses Virus keinem FIV-positiven Tier eine Chance auf ein liebevolles Zuhause geben wollen, aus Angst, es könne schnell sterben. Aufklärung tut dringend Not, denn falsche Vorurteile und Halbwissen herrscht hier vor. Klar, WENN die Krankheit dann doch tatsächlich ausbricht, kann man leider nichts mehr für das Tier tun, sondern es nur ohne Qual und Schmerzen in liebevoller Begleitung über die Brücke gehen lassen. Eine Gewähr, wie lange man der Begleiter seines Tierchens sein darf, gibt es für gar kein Tier, auch nicht für ein nicht infiziertes. Ganz plötzlich und unerwartet können auch als „gesund“ bezeichnete bzw. nicht infizierte Katzen von heute auf morgen gehen. Der beste Schutz gegen das Ausbrechen einer FIV-Erkrankung ist eine GESUNDE, HOCHWERTIGE Ernährung, ein starkes Immunsystem (das man auch auf verschiedene Weise erhalten bzw. erhöhen kann), eine artgerechte Haltung und ein stressfreies, ausgeglichenes Leben mit viel Liebe und Zuwendung für das Tier. Das gilt im übrigen nicht nur für FIV-infizierte Katzen, sondern für die Gesunderhaltung aller Tiere.

  4. Rudolf schreibt:

    Glaub das nicht das Peterle umsonst gestorben ist, wenn die Katze gelbe Augen hat und meist Wasser im Bauchraum oder in der Lunge, ist es zu spät und wenn sie mit anderen Katzen aus dem gleichen Napf frisst und die gleich Toilette benutzt ist es sehr wahrscheinlich dass sich die anderen auch anstecken.

    • kardassia schreibt:

      Rudolf, dem ist leider nicht so. FIV ist nur durch Bisse bis in die Blutbahn ansteckend. Es ist nicht durch das Gemeinsame Benutzen der Näpfe oder der Toilette oder dem gemeinsamen Kuscheln übertragbar. Nicht umsonst sind unkastrierte Straßenkater die Haupträger, die sich oft heftige Revierkämpfe liefern. Bei friedlich miteinander lebenden, kastrierten Katzen ist die Ansteckungsgefahr gen NULL. Was letztlich das Peterle hatte, kann ich natürlich nicht beurteilen, es könnte eine schwere Leberentzündung o.ä. gewesen sein. Wichtig ist einfach, dass man sein Tier nicht zu schnell auftgeben sollte, „nur“ weil es einen positiven FIV-Test hatte. FIVerlinge bekommen ganz normale Erkrankungen wie gesunde Katzen auch. Ich hatte steinalte FIVerlinge und negative, unauffällige Tiere, die jung gestorben sind wie Kater Klaus, der an einem unentdeckten Herzleiden von jetzt auf gleich im Alter von nicht mal 7 Jahren einfach umgekippt ist. Obwohl er vorher beim Tierarzt immer unauffällig gewesen ist.
      Ich wehre mich dagegen, ein Tier aufzugeben, weil es heißt „ach, das hat ja eh FIV oder das AIDS ist ausgebrochen“. Dem FIV wird so viel angedichtet. Es ist lediglich eine Immunsschwäche. Aber es ist nicht für alle Katzenkrankheiten verantwortlich, die eine Mieze bekommen kann. Wenn das Immunsystem nicht mehr so gut ist, kann es lediglich sein, dass die Katze mehr mit der Erkrankung zu kämpfen hat als ein Tier mit gutem Immunsystem. Liebe Grüße Kardassia

  5. Rudi schreibt:

    Kann Dir nur zustimmen, Kardassia, ich hab hier auch 2 FIVerlinge (8,5 und 4,5 Jahre alt) und beiden geht es gut.

    @ Rudolf,
    Das, was Du beschreibst, klingt mir mehr nach einer Infektion mit FeLV (felines Leulämievirus) und da können Ansteckungen tatsächlich über gemeinsam genutzte Futternäpfe gehen. Im Gegensatz zu FIVerlinegn, würde ich FeLV positive nicht mit FeLV negativen Katzen zusammen halten.

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